Splitterfasernackt (Lilly Lindner)

Manchmal richtig gut, dann wieder nur Selbsthilfeliteratur

Kalt lassen wird dieses Buch niemanden. Dazu ist es stellenweise einfach zu gut geschrieben und die Handlung ist auch stellenweise schockierend und oft unglaublich - manchmal schon wieder einen Tick zu unglaublich. Definitiv ist dieses Buch aber nichts für zartbesaitete und labile Menschen, denn die Gefühlsachterbahn (wobei die Fahrt aber häufiger in den Keller als nach oben geht) der Hauptperson nimmt einen durchaus mit.  Das Buch beginnt schon recht heftig, indem die Hauptperson schildert, wie sie als Kleinkind wiederholt von einem Fremden vergewaltigt wird. Erschwerend hinzu  kommen ihre gefühlskalten Eltern und die frühe Entwicklung einer massiven Essstörung. In der Summe bringt dies das Mädchen in das Kinderheim, ehe es dann im frühen Erwachsenenalter auf eigene Initiative in einem Edelpuff arbeitet. Den Hauptteil der Handlung bildet das Leben im Bordell sowie die Schilderungen ihrer Essstörungen. Als alles auf ein kitschiges Happy-End hinausläuft wird im Rückblick erneut eine drastische Vergewaltigungsgeschichte geschildert.  Letztere wirkt dann allerdings schon deutlich zu heftig. Überhaupt stößt man sich in einem weitestgehend gut geschriebenem Buch immer wieder an deutlich zu überdrehten und künstlichen Dialogen und Charakteren. Gerade die Rotlichtwelt erscheint trotz aller Relativierungen zu sehr als Lila-Laune-Land: Die Zuhälter sind alles extrem nette, fürsorgliche Männer, die Huren wahre Seelen von Menschen und die Freier sind auch alle ganz lieb und zahlen für stundenlange Gespräche viel Geld. Dennoch ist das Buch insbesondere im Mittelteil sehr gut zu lesen, ehe einen dann die Krankheitsgeschichte der Hauptperson etwas zu nerven und langweilen beginnt.

Lesen? Ist zumindest keine Zeitverschwendung

Wer liest das? Essgestörte und Puff-Besucher

Lies-das Note: 2,5

Informationen:

• Paperback (400 Seiten)
• Verlag: Droemer (2011)
• Sprache: Deutsch
• ISBN: 978-3-426-22606-3

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